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29.11. 2012 – Lesung in Zürich
outside in Erzählungen von Judith Matter. Zürich, kulturmarkt . LESBAR · am Donnerstag 29. November 2012 um 19 Uhr · kulturmarkt | aemtlerstrasse 23 | 8003 | zürich www.kulturmarkt.ch | Wie fühlen sich gesellschaftliche Veränderungen im normalen Leben an? Judith Matter erzählt Geschichten von Frauen, die den Fliehkräften zwischen Familie, Arbeit und Gesellschaft ausgesetzt sind. […]
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Die Hochzeit
Ihn also würde ich heiraten. Das dachte ich vor fünf Jahren immer wieder. Ich erinnere mich gut. Ich sah ihn zum ersten Mal, nachdem die Formalitäten längst erledigt waren. Er kam auf den Hof zu Besuch, ass mit uns, übernachtete einmal und ritt am nächsten Morgen wieder weg, zurück auf sein Schloss, das einige Meilen entfernt war. Er prüfte mich mit seinen Blicken. Offenbar entsprach ich den Vorstellungen, die er sich gemacht hatte.
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Brigitta und ich
Das erste Mal begegnete ich ihr in der Kantine in Begleitung von zwei männlichen Kollegen. Ihr Anblick verschlug mir die Sprache. Sie trug ein ärmelloses langes Kleid, der Blick streifte über ihre Oberarme, ihren Halsansatz, man ahnte ihren Busen, sie war gross und schön wie eine junge Königin. Dann machten wir ein Verkaufstraining zusammen. Man untersuchte Videoaufnahmen von sich selber. Es ging nahe ran an die Persönlichkeit;
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Ellas Gebiet
So einfach schien es vorher: Sie legten den Zeitpunkt genau fest, sorgten dafür, dass jeder von ihnen ungestört war und konzentrierten sich dann auf einen einzigen Satz. Aber es kam nichts an. Am nächsten Morgen fragte er, ob sie es vergessen habe. Sie sah sich um, ob niemand mithörte. „Was war denn eigentlich der Satz“, fragte er langsam. Sie wand sich.
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Emma
Die Sonne wärmt. Freie, weisse Haut. Zwischen Milch und Wachs. An manchen Stellen Härchen, die ich noch nie wahrgenommen habe. Krümel bleiben am Ellbogen hängen, der Boden ist zu hart. Billiges Parkett, Dellen, Spuren, viele nicht von mir. Staubgebilde unter der Heizung, entlang der Bodenleiste, kleinere und grössere Nebel, entwischen, fliegen weg.
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Die letzte Hoffnung
Leise verlasse ich das Bett. Meist erwacht er irgendwann. Aber heute würde ich schon draussen sein. Im Flur schlüpfe ich in die Kleider, ertaste den Schlüssel an der Wand, steige hinunter und bin auf der Strasse. Das kalte Licht der Lampen nachts. Ich lausche. Man würde meine Schritte hören. Ich biege in die nächste Nebenstrasse […]