Kategorie: Erzählungen

  • Jan im Schnee

    Jan im Schnee

    Elisa schrie auf, so viel Blut. Ein stechender Schmerz im linken Daumenballen, schon tropfte es auf ihre Hose und auf den Boden, hellrot, eine richtige Sauerei. Elisa legte Messer und Zweige hin, drückte mit der rechten Hand auf den Ballen, die linke Hand hochgehoben, schob sie den Türspalt mit der Fussspitze auf. Über dem Waschbecken […]

  • Seidenmuster

    Seidenmuster

    Gabrielle stand auf Seide. Lucia wusste davon, sie sandte ihr deshalb die Ankündigung des Sonderverkaufs Seidenstoffe in der benachbarten Krawatten- und Hemdenfabrik weiter. „Wie wär’s mit einem Kaffee danach?“, ergänzte sie, aber Gabrielle gab keine Antwort. Lucia fand sie eine Stunde nach Türöffnung schon bei den Stoffen auf den Wühltischen. Leicht entrückt streckte ihr Gabrielle […]

  • Louise ohne Nase

    Louise ohne Nase

    Eines Abends, als sie sich gewaschen und eingecremt hatte, suchte sie im Spiegel ihr Gesicht ab. Irgendetwas war anders, aber sie konnte nicht erkennen, was. Die Fältchen unter den Augen waren da, die Stirnfalten über den Augenbrauen. Ihre Lippen noch leidlich voll, am rechten Schneidezahn fehlte ein winziges Stückchen. Ihre Augenbrauen wurden nicht dichter, gewiss […]

  • Ein Mann und eine Frau lieben sich

    Ein Mann und eine Frau lieben sich

    Für Nina Ein Mann und eine Frau lieben sich. Ein Mann sucht eine Frau, trifft sie endlich und sie lieben sich. Eine Frau träumt, wird gefunden und geliebt. Ein Mann ist allein. Er sucht, er fragt und bekommt eine Antwort. Denn die Frau liebt ihn.

  • Tosen

    Tosen

    Merkt eigentlich jemand, ob ich auch was bräuchte? Immer dieser Sturm im Kopf, dieses Dröhnen. Zehn Botschaften aufs Mal. Und nur ein Zehntel davon ausgesprochen. Die andern muss ich selber entziffern. Von der Fehlerquote ganz abgesehen. Wie einfach wäre das Leben, wenn alle Leute das, was sie sagen wollen, auch sagen würden. Es wäre etwas ruhiger. Ganz bestimmt. Etwas ruhiger. Hm.

  • Die Hochzeit

    Ihn also würde ich heiraten. Das dachte ich vor fünf Jahren immer wieder. Ich erinnere mich gut. Ich sah ihn zum ersten Mal, nachdem die Formalitäten längst erledigt waren. Er kam auf den Hof zu Besuch, ass mit uns, übernachtete einmal und ritt am nächsten Morgen wieder weg, zurück auf sein Schloss, das einige Meilen entfernt war. Er prüfte mich mit seinen Blicken. Offenbar entsprach ich den Vorstellungen, die er sich gemacht hatte.

  • Brigitta und ich

    Das erste Mal begegnete ich ihr in der Kantine in Begleitung von zwei männlichen Kollegen. Ihr Anblick verschlug mir die Sprache. Sie trug ein ärmelloses langes Kleid, der Blick streifte über ihre Oberarme, ihren Halsansatz, man ahnte ihren Busen, sie war gross und schön wie eine junge Königin. Dann machten wir ein Verkaufstraining zusammen. Man untersuchte Videoaufnahmen von sich selber. Es ging nahe ran an die Persönlichkeit;